Über Gastfamilien und Kindergartenkinder
- Lilli null
- 15. Nov. 2022
- 4 Min. Lesezeit
„[5.11.22] Irgendwie passiert Gutes und irgendwie passiert Schlechtes und alles zusammen ist irgendwie okay. Aber das Gute ist meistens europäisch, was mich nur wieder darin bestätigt, wie sehr ich Europa hier zu schätzen lerne.[...]“
Vor gut einem Monat bin ich nun hier in meiner Gastfamilie und meiner Stelle angekommen und es ist noch immer alles sehr ungewohnt. Ich lerne hier momentan sehr zu schätzen, wie viel es wert ist, sich wirklich wohlzufühlen und was für ein durchaus sehr großartiges Konstrukt die Europäische Union ist, auch wenn sie sich das vielleicht mal wieder Selbst vor Augen führen sollte.
Meine Gastfamilie besteht aus vier sehr netten Menschen: meiner Gastmutter Salti, meiner Gastschwester Agnes, meiner Gastcousine Junioa und ihrem Sohn Tangi.


Es sind unfassbar herzliche Menschen und mit Agnes, meiner Gastschwester (die auch 19 ist), verstehe ich mich glaube ich wirklich sehr gut. Immerhin waren wir einmal Kaffe trinken und haben beide einen Cappucino und einen Schokokuchen bestellt, wir können also nur auf einer Wellenlänge sein :). Sie hat im Moment aber noch sehr viel Unistress und ist kaum zu Hause, ganz im Gegensatz zu mir. Das ändert sich aber hoffentlich in den nächsten Tagen, wenn sie mit ihren Prüfungen durch ist und dann wohl auch sehr viel Zeit in ihrem Leben hat, die sie hoffentlich auch ein wenig mit mir teilen möchte. Ich wiederum arbeite jeden Tag nur von 9 bis 13 Uhr und habe dann den ganzen Nachmittag frei und momentan noch absolut nichts zu tun in dieser freien Zeit. Ich versuche mir immer wieder vor Augen zu führen, dass ich das wohl genießen sollte, wer weiß, wann ich nochmal so stressfrei leben werde, aber das lässt sich in so einem fremden Umfeld irgendwie schwierig umsetzen.
Ich hoffe auch einfach darauf, in Zukunft noch mehr Kontakte zu knüpfen, und dementsprechend öfter aus dem Haus meiner Gastfamilie herauskommen zu können. Denn sie sind zwar super herzlich und sympathisch, aber die Essenssitutaion macht mich nicht wirklich glücklich, da bin ich ehrlich, und es ist einfach wirklich heftig als Weiße in diesem Viertel zu leben.

Ich lebe nämlich im Township von Windhoek, auch bekannt als Katutura. Katutura wiederum unterteilt sich nochmal in einzelne Viertel, wobei ich in Greenwell lebe, was ziemlich am Rand der Stadt, direkt am Stausee liegt (den ich aber noch nicht zu Gesicht bekommen habe). Das Problem hier für mich ist ist, dass ich mich draußen nicht alleine von A nach B bewegen kann, das wäre zu unsicher. Inzwischen gehe ich zwar manchmal alleine zum Kindergarten, der nur fünf Minuten von hier entfernt ist, oder auch zum Taxiring, aber mehr Freiheit ist nicht drin und auch das fühlt sich einfach nicht wirklich sicher für mich an. Ich muss also immer jemanden aus der Familie fragen, ob sie mich wohin bringen, was sie zwar sehr gerne tun, mich aber wiederum sehr abhängig macht, was ich einfach nicht gewohnt bin.
Soweit also erstmal zu meiner Wohnsituation, welche grundsätzlich nicht schlecht ist, aber insgesamt einfach extrem ungewohnt und auch einschränkend für mich ist. Eine krasse Erfahrung auf jeden Fall, die mich nochmal ganz anders auf Europa und Deutschland blicken lässt, auf die vielen Freiheiten dort.

Meine Arbeit im Kindergarten hier macht mir grundsätzlich Spaß. Die Kinder sind super süß (solange sie sich nicht gegenseitig hauen) und lieben mich alle sehr, was es mir recht einfach macht, mich nützlich zu fühlen. Oft kommen sie von sich aus an und wollen etwas von mir, ob es Wasser oder rutschen ist, und den Wunsch erfülle ich ihnen dann gerne. Gerade sind zum Beispiel Vorbereitungen für eine Weihnachtsfeier und wird singen viel, tanzen und versuchen ein Rollenspiel auf die Beine zu stellen.

Die Aktion ist super schön und macht sehr Spaß, nur ist es grundsätzlich etwas problematisch, dass drei Erzieherinnen und ich sechzig Kinder unter Kontrolle bekommen müssen. Das ist fast unmöglich. Und so machen immer mehrere Kinder kleinere oder größere Unruhen, was den Spaß daran, Programmpunkte auf die Beine zu stellen, doch manchmal etwas schmälert. Was mir auch immer wieder Problematiken bereitet ist die Tatsache, dass die Kinder in dem Kindergarten noch geschlagen werden. Nicht so schlimm, wie es wohl sein könnte, aber dennoch sehr herausfordernd für mich. Sowohl in dem Aspekt, das zu ertragen, als auch in dem Aspekt, dass ich mir Respekt der Kinder gegenüber mir noch irgendwie erarbeiten muss. Denn seit sie herausgefunden haben, dass ich sie nicht schlagen werde, erlauben sie sich doch recht viel, da muss ich mir noch ein eigenes System aufbauen.
So viel nun also auch erstmal zu meiner Einsatzstelle, der Toivo Tironnen Pre School. Es macht Spaß, aber überall lauern Herausforderungen, was auf Dauer sehr kräftezehrend ist.



PS: Die Bilder mit Teilen meiner Gasfamilie und auch der größeren Familie, wie weiteren Schwestern und Cousinen, die alle verteilt in Windhoek wohnen, sind übrigens bei der Hauseinweihung des Hauses, in dem ich lebe, entstanden. Diese durfte ich schon in meiner ersten Woche hier erleben, was mich minimal überfordert hat, aber mir auch die Möglichkeit geboten hat, eine Menge Menschen, welche meiner Gastfamilie nahe stehen, kennezulernen. Außerdem habe ich ein traditionelles Kleid geschenkt bekommen und konnte eine Menge des traditionellen Alkohols (direkte Überzetzung ist Alkohol der Mahangopflanze) kosten :).
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