top of page
AutorenbildElisa Berlet

Ziegen, Würmer und Skorpione

Aktualisiert: 30. Nov. 2022

Ndamonas Kindergarten besteht eigentlich aus zwei Kindergärten an verschiedenen Orten. In der letzten Woche war ich in dem Hauptkindergarten in Ondobe. Das ist ungefähr zehn Kilometer von meinem Wohnort Okatope entfernt. Hier in Okatope gibt es eine kleine Außenstelle mit vielleicht 12–15 Kindern, in Ondobe sind es bestimmt 55–60 Kinder. Am Montag fiel der Unterricht in Ondobe aus, während er in Okatope stattfand, also konnte ich mir jetzt auch den anderen Kindergarten angucken. Die Kinder sind genauso aufgeschlossen und liebenswürdig wie in Ondobe, allerdings sprechen sie etwas schlechter Englisch. Das liegt daran, dass die Lehrerin hier noch recht neu ist und den Kindern viel durchgehen lässt. Für mich bedeutet das, dass ich die Kinder schlechter verstehe und die Kinder auch mich schlechter verstehen, aber wir werden uns bestimmt noch aneinander gewöhnen, denn in der nächsten Woche soll ich in Okatope bleiben. Ein entscheidender Vorteil dabei ist, dass die Kinder immer schon um 12 Uhr nach Hause gehen und man den Nachmittag frei hat. Da ich ein paar Spiele aus Deutschland mitgebracht habe, habe ich Ndamona am Montag erklärt, wie man Skip-Bo spielt, und seitdem ist das eine neue Freizeitbeschäftigung geworden. Da ich super gerne Gesellschaftsspiele spiele, trifft es sich gut, dass Ndamona das Spiel gefällt.


Hauptkindergarten in Ondobe
Klassenzimmer in Okatope
Feierabend Skip-Bo

Am Dienstag und den Rest der Woche ging es für mich dann aber erst mal wieder nach Ondobe. Hier war ich dann sogar mal richtig im Einsatz. Ndamonas Kollegin Loide hatte nämlich eine Sprachprüfung und so hat mir Ndamona für die erste Stunde ihre Vorschulklasse überlassen und sich um die Kindergartenkinder von Loide gekümmert. Also stand ich da, nach einer Woche, mit ca. 25 kleinen Kindern und wusste nicht ganz, was ich machen sollte.

Ich habe ihnen zuerst ein Lied „Mercy is falling“ beigebracht. Das hat auch super funktioniert.

Danach wollte ich mit den Kindern noch „mein rechter, rechter Platz ist frei“ spielen und das hat weniger gut funktioniert. Ich wusste nicht, dass die Kinder noch nie in ihrem Leben einen Stuhlkreis gebildet hatten. Das war die erste Herausforderung. Nachdem das geschafft war, hatte ich auch nicht damit gerechnet, dass die Kinder auf einmal zu schüchtern werden, um ein Kind auszuwählen und sich ein Tier auszudenken. Mit meiner Hilfe haben wir ungefähr fünf Runden gespielt und dann habe ich beschlossen, sie einfach in ihren Malbüchern malen zu lassen.

Ndamona meinte später zu mir, dass es immer etwas dauert, bis die Kinder ein neues Spiel verstehen und es dann alleine spielen können, also behaupte ich jetzt einfach mal, dass die Stunde insgesamt okay war.


Ein tierischer Besucher: Tausendfüßler
Und ein Skorpion

Eine Überraschung war, dass uns am Mittwoch das Ministry of Gender besucht hat. Ich glaube, in Deutschland wäre das ungefähr eine Mischung aus Kultusministerium und Familienministerium. Sie haben Spielsachen für die Kinder mitgebracht und dann einen riesigen Fragebogen über den Kindergarten ausgefüllt. Ndamona musste dazu Angaben zu den Kindern machen und generell wurde überprüft, wie die Schule ausgestattet ist. Ob es also zum Beispiel Toiletten mit Wasserspülung gibt oder ob die Kinder auch bis in den Nachmittag betreut werden. Das hat den ganzen Kindergartentag allerdings so durcheinandergebracht, dass es eigentlich nur noch ein Spieletag war. Das war aber auch ganz gut, denn eines der Klassenzimmer ist eine Wellblechhütte, die sehr warm wird, wenn die Sonne drauf scheint, weshalb sie auch liebevoll die Mikrowelle genannt wird (genau genommen wird hier jede Wellblechhütte Mikrowelle genannt). Dort wäre es spätestens zur zweiten Stunde an diesem Tag auch zu heiß gewesen, um noch guten Unterricht machen zu können.


Die Mikrowelle in Ondobe

Ein weiteres Erlebnis an diesem Tag war, dass wir keinen Strom hatten. Das allein ist erst mal nicht komplett ungewöhnlich, es war auch nicht der erste Stromausfall. Ungewöhnlich war allerdings, dass der Stromausfall so großflächig war, dass sogar das Telefonnetz und das Internet ausgefallen sind. Für manche Generationen vielleicht keine große Sache, aber ich persönlich kann mich nicht daran erinnern, schon jemals irgendwo ohne Strom, Telefon und Internet gewesen zu sein. Zum Glück kam der Strom am Abend wieder zurück, denn mir ist relativ schnell klar geworden, dass es auf Dauer ohne Strom oder Internet schwierig werden könnte, mit Karte zu bezahlen oder Geld abzuheben.


Am Samstag stand etwas Besonderes auf dem Programm. Hier im Norden fand nämlich eine Business Expo statt. Dort zeigen verschiedene Menschen und Organisationen, was sie für regionale Produkte anbieten.


Ein Leopard vor dem Stand des Ministry of Environment, Forestry and Tourism

Und natürlich kann man auch einige traditionelle Gerichte probieren. Tatsächlich hatte sogar die Mutter von einem unserer Schüler einen Stand dort und so kam ich nicht drum herum, das Essen zu probieren. Zu allen Gerichten wurde Pap serviert, also ein traditionelles Porridge aus der Mahango-Blume. Als Erstes probierte ich Würmer. Der erste Wurm hat schon Überwindung gekostet, aber zum Glück haben die keine Gesichter, die einen angucken. Als ich mich daran gewöhnt hatte, einen Wurm zu essen (oder es ausgeblendet hatte), war es geschmacklich gar nicht so schlecht. Als Zweites gab es den Spinat, den ich auch schon im traditionellen Restaurant in Windhoek probiert hatte. Hier hat er mir sogar besser geschmeckt. Und zuletzt gab es noch Ziegen-Rippchen. Ziegen werden hier nur zu ganz besonderen Anlässen wie Taufen oder Hochzeiten gegessen und alle würden das Fleisch einer Ziege einem Rind vorziehen. Ich kann nur sagen, dass ich kein Fan von der Ziege war. Geschmacklich war es nicht unbedingt schlecht, aber das Fleisch ist einfach wahnsinnig zäh und man könnte gefühlt stundenlang darauf herumkauen, was ich aus Höflichkeit allerdings nicht wollte. Ich habe meinem Magen also einiges zugemutet und mich schließlich dem Trick bedient, zu sagen, dass ich schon satt bin. Das wurde auch gut aufgenommen. Im Nachhinein kann ich also froh sein, dass die Ziege das Letzte war, das ich an dem Tag probieren durfte.


Lecker Würmer
Lecker Spinat
Nicht so lecker Ziegen-Rippchen

Unser Plan war es, am frühen Abend die Expo zu verlassen, sodass wir noch mit dem Taxi nach Hause kommen, bevor es dunkel wird. Ndamona hat allerdings noch Freude getroffen, die uns versprochen haben, uns nach Hause zu fahren, wenn wir noch etwas länger bleiben. Wir sind also kurzentschlossen noch länger geblieben. Der Abend dort bestand dann noch vor allem daraus, zu trinken und zu quatschen. Zum Trinken wird man hier übrigens von allen möglichen Leuten motiviert und eingeladen. Zuletzt sind wir sogar noch in eine Art Club eingeladen worden. Der bestand aus zwei Bars auf dem Expogelände, die abgezäunt wurden und Eintritt verlangten. Diese Abendgestaltung führte dazu, dass der Fahrer auf der Rückfahrt auf jeden Fall mindestens angetrunken war, zum Glück sind wir aber unbeschadet wieder zu Hause angekommen.


Essen, trinken, quatschen

Club auf dem Expogelände


Sonntagmorgen ging es dann natürlich wieder in die Kirche und diesmal war der Gottesdienst mal nicht länger als zwei Stunden und damit sehr entspannt. Nach dem Wäschewaschen ging dann auch schon meine zweite volle Woche hier im Norden zu Ende.


Pancakes als Sonntagsfrühstück

141 Ansichten3 Kommentare

Aktuelle Beiträge

Alle ansehen

Ab in den Norden

Eine Woche ohne Wasser

3 Comments


r.berlet
Dec 19, 2022

Wieder ein interessanter Eintrag. Um mit 25 Kindern einen Unterricht locker aus der Hand zu schütteln, da muss man "improvisieren" können. Das find ich gut. Und dann noch die "Mikrowelle" - bestimmt anstrengend. Zum Teller mit den Würmern sag ich mal nichts (Würg...). Der Tausendfüßler ist toll, aber der Skorpion, oh ha, aufpassen! Aber schon 2 Wochen gemanagt, weiter so.....😉

Like

juliane747
Nov 30, 2022

Ich hatte mich schon gewundert, wo denn die Skorpione aus der Überschrift vorkommen. In der aktuellen Version jetzt sind sie dabei 😉

Like

juliane747
Nov 29, 2022

Vorschulkinder, die noch nie einen Stuhlkreis gemacht haben - das kann man sich in Deutschland auch nicht vorstellen 😂

Like
bottom of page