Respekt an Grundschullehrkräfte
- Jannik Pischke
- 3. Dez. 2022
- 5 Min. Lesezeit
Mwa Uhalapo!
(Guten Tag!)
Nach dem letzten Blogeintrag hab ich doch jetzt eigentlich alles gesehen und kann nachhause fahren oder? Nein Quatsch mit Soße, es geht natürlich weiter. Und ich merke, wie das Schreiben der Blogeinträge und somit das dokumentieren und reflektieren des Erlebten mir richtig Freude macht. Also hier ein kleines öffentliches Versprechen, ich möchte bis zur Heimreise mit dem Blog schreiben fortfahren.
Nach dem Hammer-Wochenende geht es erst einmal in eine normale Schul- bzw. Arbeitswoche. Obwohl ganz normal ist sie im Endeffekt auch nicht, da ich mitgeteilt bekomme, dass die Lehrerin für die dritte Klasse, ihr erinnert euch vielleicht, die dünn besetzte Klasse mit „Alle meine Entchen“, für 1,5 Wochen abwesend ist und ich den Unterricht in der Zeit übernehmen kann/soll. Nach kurzer telefonischer Absprache mit ihr kenne ich die Themen, die ich bearbeiten soll und begebe mich schnell ans Unterricht planen. Irgendwie freue ich mich nicht mehr nur zuschauen zu müssen und bin aber auch gespannt, ob und wie das alles klappt. Glück habe ich in dem Fall, dass die Klasse mit nur 6 Schülern noch sehr klein ist. Denn normalerweise hat eine Schulklasse bis zu 30 Schüler, jedoch ist die Schule noch sehr neu und daher sind nicht alle Klassen voll besetzt und es gibt anstatt von bis Klasse 7 nur bis Klasse 4. Der Montag und Dienstag des Unterrichtens von 8 Uhr bis 13.10 mit einer halben Stunde Pause von 10.40 bis 11.10 war ganz schön heftig und ich fahre mit einem brummenden Schädel nachhause. Ich beginne zu realisieren, was für einen großen und herausfordernden Dienst Grundschullehrkräfte tagtäglich leisten. Denn ich hatte das Gefühl die ganze Zeit um die Aufmerksamkeit der Kinder zu kämpfen und mit allen Mitteln ständig zu versuchen die Motivation für die Themen, die ich vermitteln wollte, zu entzünden. Die Kinder waren unglaublich schnell abgelenkt, unmotiviert und testeten ihre Grenzen bei mir aus. Letzteres stellte mich schon vor eine ordentliche Herausforderung, da ich auf kurze Sicht durch mein nicht physisches Bestrafen der Kinder einen Autoritätsnachteil hatte. Scheinbar sind die Kinder es gewöhnt bei mehrfachem Fehlverhalten physisch getadelt zu werden und mit dem Moment, wo sie herausfanden, dass dies bei mir nicht passieren würde, änderte sich ihr Verhalten. Somit beschäftigte ich mich nachmittags damit, wie aus pädagogischer und psychologischer Sicht am besten mit Fehlverhalten und Respektlosigkeit der Kinder umzugehen sei und überlegte mir, wie ich in den kommenden Tagen damit umgehen wollte. Dazu fasste ich den Plan alle meine Fragen zu „Schulpädagogik“ zu sammeln und bald per Telefonaten mit meinen ehemaligen Lehrern antworten zu bekommen. Für die nächsten Tage fasste ich den Plan meine Erwartungshaltung an die Schüler zu senken, jedem vermeintlichen Fehlverhalten ruhig zu begegnen und den Schülern zu erklären, was daran falsch sei und ihnen die Konsequenzen ihres Handeln aufzuzeigen sowie zu versuchen die Lernmotivation der Schüler noch mehr über Spaß und Spiel zu steigern. Dazu verstand ich, dass die Schüler mich wahrscheinlich auch einfach nicht immer super verstanden hatten, aufgrund meines anderen englischen Akzents und womöglich unbekannter Vokabeln. Ich nahm also ein wenig Wind aus den Segeln und siehe da es funktionierte schon deutlich besser. Da kommt auch wieder mein lebensbegleitendes Thema die Geduld zum Vorschein. Ich denke als Lehrer muss vor allem auch einfach sehr geduldig und ausdauernd sein und dann gibt es nach ein paar Wochen wahrscheinlich auch schon die Belohnung, wenn man gut aneinander gewöhnt ist und die Klasse weiß, woran sie bei dir als Lehrkraft ist.
Dennoch habe ich durch die Tage des Unterrichtens wirklich noch mal mehr als zuvor zu schätzen gelernt, was für einen wichtigen und nicht einfachen Job Grundschullehrkräfte haben.
Alles in allem habe ich die 1,5 Wochen des alleine alles Unterrichtens genossen und freue mich ab Januar meine eigene Klassen zu haben und mit denen das neue Schuljahr in Mathe, Englisch und Sport zu starten. Jap genau das Schuljahr geht hier von Januar bis Dezember, also im Prinzip wie bei uns von Sommer zu Sommer.
Bild aus dem Klassenfenster, die dritte Klasse und meine erste Palm Fruit, die eine Lehrerin
für mich mitgrebracht hat und bei denen man nur eine Schicht von essen kann.
Des Weiteren mache ich mich unter der Woche weiter mit den Supermärkten hier vertraut und suche mir den besten und günstigsten als meinen Stammsupermarkt heraus. Ich gehe jetzt immer zu Shoprite im Gwashamba. :) Dazu teste ich ein paar neue Lebensmittel, wie Baked Beans mit Tomatensauce und Erdnussbutter und frage mich danach warum ich diese noch nicht schon immer esse. Auch Essensplanung und Wäsche waschen ist unter der Woche ein Thema sowie ein schöner Austausch mit Freunden und Familie daheim.
Ein paar meiner wiederkehrenden Gerichte. :)
So vergeht die Woche im Flug und schon ist wieder Wochenende, an welchem ich viel Zeit mit der Nachbarsfamilie verbringe und mit bei der Gartenarbeit helfe. Trotz der Versuche von den Eltern mich zu schonen, helfe ich gut mit beim Ausheben von Löchern mit Spitzhacke und Schaufel und siehe da, schon haben meine verweichlichten Hände auch schon nette Blasen. Dazu haben die Nachbarn vom Garten einen sehr süßen, kleinen Hund mit dem ich etwas am Zaun spiele. Es ist beeindruckend zu sehen, mit welcher unerschütterlichen Disziplin die Familie an diesem Projekt arbeitet und jeden Tag zweimal zum Bewässern in den Garten fährt und nebenbei noch weiter am Umgraben und Einpflanzen ist. Mehr Details zum Garten und der Familie gibt es in einem der weiteren Blog. :)
Der große Gemüsegarten meiner Nachbarn und rechts die Löcher die wir gebuddelt haben.
Ein Thema dem ich mich nun zum Ende gerne widmen würde, wird durch die Frage von Paris, eine der Schülerinnen aus der 4. Klasse, eingeleitet. In einer Pause kommt sie auf mich zu und fragt mich: „Mr. Jannik why did the germans colonize Namibia?“. Diese offene und ehrliche Frage trifft mich irgendwie ganz schön und es fällt mir schwer sofort zu einer gescheiten Antwort zu kommen, also erwidere ich so etwas wie, weil sie doof und gierig waren. Anschließend erklärt mir Paris, dass sie diese Zeit gerade als Thema in social studies hatten und sie nicht verstehe warum man ein Land kolonisiere. Ich versuche ihr die Hintergründe des Handelns der Menschen damals zu erklären und pflichte bei, dass die Deutschen hier in Namibia schreckliche Dinge verbrochen haben. Neben dem ist es für mich hier schon ein Thema zu wissen, was die Deutschen getan haben und als deutscher hier zu sein. Zumal die Verhandlungen zwischen beiden Ländern über einen Ausgleich bis jetzt noch erfolglos laufen. Manchmal wenn ich gefragt werde, woher ich komme, antworte ich zögerlich aus Deutschland, um dann die Reaktion der Menschen zu beobachten. Wenige aber manche kommen dann auf die Kolonisationszeit zu sprechen und erwähnen aber in bis jetzt allen fällen, dass das Geschehene für sie geschehen sei und es keinen Sinn mehr ergebe dahin zurückzublicken. Dazu habe ich gelesen und mir sagen lassen, dass hier noch viele ehemalig deutsche leben. Die Stimmung der Menschen hier ist gemischt. Alle die ich bis jetzt gesprochen habe, haben kein Problem mit den hier lebenden Weißen, finden aber oft, dass diese sich größtenteils von den Einheimischen isoliert hätten und mitunter auch diskriminierend seien. Inwieweit dass nun auf sie zutrifft und der Meinung aller Menschen hier entspricht, möchte ich in der Zukunft noch herausfinden. Getroffen habe ich bis jetzt jedenfalls noch keinen deutsch-namibianer.
So meine Lieben und damit neigt sich auch dieser Artikel wieder zum Ende. Im schon bald kommenden nächsten Blogbeitrag wird es die XXL-Vorstellung von Owambo-Hochzeiten geben. Bis dahin bleibt gesund und genießt die Weihnachtszeit.
Oshili nawa manga!
(Tschüß!)
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