Ich packe meinen Koffer und nehme mit… ein gerissenes Kreuzband. Ungefähr ein Jahr ist es nun her, dass ich mich für die Stelle „Streetlife“ in Blackpool in England beworben habe. Zwei Wochen bevor es dann endlich losgehen sollte und das Visum und der Flug organisiert war, reiße ich mir das Kreuzband – erneut. Der Traum vom FSJ (Freiwilliges Soziales Jahr) geplatzt? Nein, meint mein Arzt, kein Grund alles abzusagen. Ein Jahr ohne Kreuzband sei durchaus machbar, also Koffer packen und ab geht’s.
Seit letzter Woche Donnerstag bin ich also hier, in Blackpool. Eine an der Westküste gelegene alte Industriestadt, die früher als Ferienort der englischen Arbeiterklasse boomte, heutzutage aber massive wirtschaftliche Probleme aufweist. Ich wohne zusammen mit drei anderen Freiwilligen (aus Deutschland, Estland und Ecuador) in einem Haus einen Katzensprung vom Meer entfernt. Jedes Mal wenn ich das Meer sehe, auf dem Weg zur Arbeit oder zum Supermarkt, muss ich grinsen, es ist schön so nah am Wasser zu wohnen und weckt Urlaubsgefühle. Dabei bin ich ja gar nicht zum Urlaub machen hier, ich habe viel zu tun und arbeite.
Strand von Blackpool mit dem Blackpool Tower
Bei der Arbeit handelt es sich um das Projekt „Streetlife“. Es versucht jungen, schutzbedürftigen Menschen (wir nennen sie Young People- YPs) unter die Arme zu greifen. Dabei geht es um 16 bis 25 Jahre alte Jugendliche, die oft obdachlos und auf sich selbst gestellt sind. Meine Arbeit dabei teilt sich in mehrere Bereiche auf. So ist tagsüber die „Base“, ein Zentrum mit fest angestellten Betreuer*innen geöffnet, wo die YPs eine Möglichkeit zur Beratung und zudem ein Jugendzentrum vorfinden. Dort arbeiten wir Freiwilligen an der Rezeption, helfen bei Workshops, kochen, spielen und quatschen mit den YPs. Außerdem gibt es das „Shelter“, eine Notunterkunft, die nachts zur Verfügung gestellt wird und einen sicheren Schlafplatz und Verpflegung bietet. Jede Nacht arbeiten dort zwei von uns, betreuen die YPs und organisieren das Miteinander. Man kann dort kochen, Filme schauen und sich unterhalten. Außerdem sind wir dafür verantwortlich, dass die Regeln eingehalten werden.
Jede Woche erhalten wir einen Arbeitsplan, wo steht, wer, wann und wo arbeitet. Diese Woche hatte ich bereits drei Nachtschichten im Shelter und zwei in der Base. Ich habe eine Checkliste bekommen, wo draufsteht, was ich wissen und können muss. In der Theorie habe ich die diese Woche abgearbeitet, in der Praxis gibt es noch viel, dass ich mir merken und lernen muss. Auch an das Englisch muss ich mich noch etwas gewöhnen, besonders die YPs sind oft schwer zu verstehen, weil sie mit Jugendslang und schnell sprechen. Aber an und Pfirsich geht es mir super gut hier. Die ersten Tage waren überraschenderweise sehr sonnig und in der freien Zeit habe ich mit den anderen Freiwilligen die Stadt erkundet. Zudem haben mich die anderen überredet mit ihnen einen Theaterkurs anzufangen, der mir dann doch ziemlich viel Spaß gemacht hat und den wir wohl weitermachen werden. Wir haben sehr viele Pläne was wir hier alles noch machen wollen und zusammen mit der Arbeit kann man wohl festhalten, langweilig wird mir hier erst einmal nicht werden. Aber freue mich auf das was da noch kommt!
A sunset a day keeps the doctor away
Fotoshooting - Posen waren okay, bisschen wenig Ausdruck im Gesicht
Auch das Nachtleben der Stadt muss erkundet werden
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